11 Tips zum viralen Erfolg – Kann man sich im Internet abrufen. Welche Tricks man anwenden muß, um weltweit wahrgenommen und abgerufen zu werden. In einer Liga mit dem Hinterteil von Kim Kardashian, mit dem gebrochenen Knöchel von Britney Spears und Daniela Katzenbergers hochinteressanter Nabelschau und dem EDEKA Weihnachtsclip. Und dann „ging es viral“ – dieser Ausdruck wurde innerhalb weniger Monate zur Erfolgslosung schlechthin, zum Synonym für ansteckende, emotionale Teilhabe. Millionen Klicks können nicht irren. Virtuelle Infektionen sind der Hit.
Im Vergleich zu den viralen Infektionen in den sozialen Netzwerken erfreuen sich die guten alten, haus- und handgemachten, echten Viren weitaus geringerer Beliebtheit. Mühsam mußten sich schmucken Kügelchen mit ihren gezackten Füßchen den Weg aus einem schmuddeligen Wildgetiermarkt in Wuhan in die Welt bahnen: nach langen Wochen gerade mal zehn oder zwanzigtausend Follower. Und eine verheerende Presse: diffuser Verlauf, letztlich harmlos, allenfalls grippeähnlich.
Erst in den letzten Tagen kommt etwas Bewegung in das Ganze und der Virus beginnt zumindest medial „viral zu gehen“ und halbwegs ernst genommen zu werden. Aber was heißt das schon- nach ein paar Tagen ist ein virales Ding schon wieder vergessen und passé. Im Fall dieses Viralen Events keine schlechte Perspektive. Obwohl man die positiven Effekte dieser kleinen Unpässlichkeit nicht unterschätzen sollte. In Camus großem Roman „Die Pest“ kann man nachlesen wie Menschen unter dem Eindruck der Epidemie zusammenrücken. Bei Corona gehen sie eher auf scheue Halbdistanz . Und das ist gut so. Statt des üblichen je nach Gegenüber lauwarmen bis kernigen Händedrucks, abwehrend wedelnde Hände ängstlich vor das Gesicht gedrückt und sichernde Blicke ein alle Richtungen. Statt der lästigen Umarmung und Küsschen bei festlichen Zusammenrottungen – urbanes Abwinken Wenn einer hüstelt werfen sich die Menschen in der Umgebung reflexartig auf den Boden. Fakt ist, vor lauter elektronischen Viren haben wir den Umgang mit biologischen verlernt und stochern unsicher zwischen Hysterie und Hochmut. Kongresse werden abgesagt, Opernhäuser und Stadien erfreuen sich lebhaften Zuspruchs. Kaffeekränzchen werden suspendiert – prustende Sprühstösse auf knallvollen Karnevalssitzungen galten als unbedenklich . Selbst der Papst beginnt zu hüsteln. Kein Wunder – hat ihn doch vor ein paar Wochen eine Gläubige asiatischen Aussehens mit beiden Händen auf offener Szene förmlich umklammert. Nur ein beherzter Schlag des heiligen Vaters konnte die Übergriffige in die Schranken weisen – zu spät, gerade noch rechtzeitig — keiner weiß es. Unsichere Zeiten: Gnocci und Mundschutz ausverkauft. Rückzug und Homeoffice sind angesagt. Familien und Clans igeln sich ein – klumpen wochenlang aufeinander. Spätfolgen unbekannt. Bei all den Unwägbarkeiten bleibt wohl nur eines: der endgültige Rückzug in die Geborgenheit der viralen social Media Welten. Ganzägig. Hermetisch in sich abgeschlossen. Garantiert infektionssicher. Pandemie ade – es lebe Facebook. Und bei all dem bleibt zumindest ein Trost. Gottlob stellt Covid19 für die Mehrzahl der Erwerbstätigen keine tödliche Gefahr dar – nur für Alte und ohnehin schon Kranke.