„Wir retten Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären“ – Boris Palmer

Eine verächtliche Kampfansage gegen alles in der Wahrnehmung ihres Autors Kranken und Alten, Hinfälligen. Eine Triage aus Worten. Sie stellt letztlich in unschöner Unverblümtheit die Frage der Prioritäten und teilt die Welt in zwei Hälften: hier das lebenswerte, junge , gesunde Leben – dort all das, was in einem halben Jahr wahrscheinlich ohnehin schon unter der Erde liegt.

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The Vacuum Cleaner – Kammerspiele München

Ein todtrauriges Stück mit ein wenig angekränkeltem Humor, das ein Problem in den Fokus nimmt, das bald auch für Europa wichtig werden könnte. Zumindest bei wieder steigender Arbeitslosigkeit.

Das Problem dieser Aufführung: Alle Bewegungen der Figuren bleiben Illustrationen dieses Zustands. Und Illustrationen bleiben statisch. Alles ist vorhersehbar, wirkt buchstäblich lang-atmig. Denn trotz des Versprechens des Regie führenden Autors: Komisch ist die Aufführung auch nicht

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Ritt durchs ‚Uncanny Valley‘ – oder wie wirklich ist die Wirklichkeit? / Kammerspiele München

Ich denke, es ging fast allen Zuschauern in den Münchner Kammerspielen so wie mir. Nach dem Ende der Vorstellung umkreiste man zweifelnd oder ungläubig den einzigen Akteur, einen Herren um die 50, der reglos und in sich zusammengesunken in seinem Lehnsessel saß und vor sich hin starrte. Ein Turing Test auf offener Bühne

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Mozart: LE NOZZE DI FIGARO / Staatsoper Stuttgart

Nun gut – jeder Regisseur hat natürlich das Recht, vielleicht sogar die Verpflichtung, tradierte Stoffe einer umfassenden Revision, vielleicht sogar einer Rundumerneuerung zu unterziehen. Dennoch, eine Grenze scheint erreicht, wenn im Wahn um Originalität das eigentliche Zentrum eines Dramas gezielt umgangen wird und damit jede innere Spannung gegen Null tendiert.

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„Frauensache“ – Das neue Stück von Hübner & Nemitz in Karlsruhe

Immer deutlicher ist das Theater in vielen interessanten Aufführungen am Puls der Zeit. Und so ist das Medium zunehmend auch eine Art „Frühwarnsystem“, das gefährliche Entwicklungen aufspürt und ebenso prägnant wie plastisch darstellen kann.
Ein sehr gutes, besonders gelungenes Beispiel dafür ist die Karlsruher Uraufführung „Frauensache“, das neueste Stück des Autoren-Duos Lutz Hübner und Sarah Nemitz in der kongenialen Regie von Alexandra Liedtke.

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Kleist: „Der zerbrochne Krug“ – Hessisches Staatstheater Wiesbaden

Es ist nicht ganz einfach, einem in die Jahre gekommenen und immer wieder gespielten Stück wie dem „zerbrochnen Krug“ neue Nuancen zu entlocken.

Noch schwerer ist es, einen Text in syntaktisch extrem anspruchsvoller Sprache und ein Stück, in dem nichts passiert, sondern alles bereits geschehen ist, so auf die Bühne zu bringen, dass dennoch Spannung entsteht.

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